Wir befinden uns im so genannten „Zeitalter der Informationen“. Informationen haben die Macht, Menschen zu beeinflussen und sie letztendlich zum Handeln zu bewegen. Genau aus diesem Grund werden wir Tag und Nacht mit Infos bombardiert. Ob es sich um Werbung, eine politische Rede oder einfach eine Nachricht von einem Kollegen handelt, sie alle fordern auf irgendeine Weise zum Handeln auf.
Die Mediation als Prozess zur Streitbeilegung bildet da keine Ausnahme. Jedoch kann Mediation nicht in einem Meer aus ungefilterten Informationen stattfinden, besonders wenn das Ziel der Mediation darin besteht, ein Problem möglichst günstigen und schnell zu lösen. Andererseits kann das Verfahren gebremst werden, wenn wichtige Informationen nicht preisgegeben werden. Darin besteht die Gefahr den Fall zu negativ zu beeinflussen, sodass sich die Parteien weg von einer echten und nachhaltigen Lösung bewegen.
Was ist die rational beste Geschäftsentscheidung?
Die Lösung einer Wirtschaftsmediation ist in der Regel das Ergebnis einer rationalen und unternehmerischen Entscheidung. Natürlich besteht die Möglichkeit, dass eine Partei in einen Fall aus einer Laune heraus beilegen, aber diese sind normalerweise selten und nicht unbedingt von Dauer.
Wenn Sie eine dauerhafte Lösung ohne Reue des Gegenübers wünschen, ist es am besten, sicherzustellen, dass beide Parteien fundierte Geschäftsentscheidungen treffen. Eine rationale Geschäftsentscheidung ist eine fundierte Entscheidung, bei der eine Risiko- und Kosten-Nutzen-Analyse durchgeführt wurde. Solch eine fundierte Entscheidung kann nur getroffen werden, wenn beide Parteien über ausreichende Informationen verfügt, um eben solch eine Analyse durchzuführen.
Was soll ich offenlegen?
Wenn Parteien sich an einer Mediation beteiligen, sollten sie bereits im Vorhinein eine Einschätzung zu ihren Erfolgsaussichten und Risiken in einem Gerichtsverfahren haben. Das Ausmaß des Schadens, der durch ein Urteil entstehen kann, die Kosten einer Mediation und möglicher rechtlicher Schritte sollten klar sein. Ein erfahrener Mediator oder ein Prozessanwalt, kann bei derartigen Fragestellungen behilflich sein.
Doch was genau muss nun die andere Partei über die Beilegung eines Rechtsfalls wissen, um eine fundierte Geschäftsentscheidung treffen zu können? Wenn keine Einigung erzielt werden kann, benötigen beide Parteien Informationen, die ihre Analyse bezüglich Haftungsaussichten, der Schadenshöhe und der Verhandlungskosten realistisch gestalten können.
Die jeweiligen Ansichten über Haftung, Schadenshöhen und Kosten sind jedoch einseitig betrachtet, denn sie werden nur aus der begrenzten Perspektive einer Partei entwickelt. In solch einem Szenario können Annahmen, Vorurteile, Selbstüberschätzung und Informationsmängel die Analyse negativ beeinträchtigen und verzerren. Oder glauben Sie wirklich, dass die andere Partei Haftung, Schäden und Kosten genauso sieht wie Sie? Wenn nein, auf welche Informationen oder Annahmen stützten sie sich bei ihrer Analyse?
Wenn beide Parteien ihre Informationen über Haftung, Schäden und Kosten frei und offen austauschen würden, könnte dies zu einer interessanten Diskussion führen. Solche Diskussionen können blinde Flecken, neue Ideen und fehlerhafte Annahmen aufdecken. Der Schlüssel hier ist, neue Informationen zu sammeln. Sie müssen nicht öffentlich zugeben, blinde Flecken zu haben oder falsche Annahmen zu treffen, aber Sie haben jetzt sicherlich die Möglichkeit, zu handeln und Ihre Position weiter zu bewerten.
Im Gegensatz dazu ist das Zurückhalten von Informationen ein klein wenig wie Pokern. Zum Zwecke der Überraschung bei der Verhandlung Informationen nicht preis zu geben ist oft eine fehlerhafte Strategie. Weshalb bin ich dieser Ansicht? Ganz einfach, weil solch eine Strategie immer auf Kosten der gemeinsamen Geschäftsbeziehung geht, kein Vertrauen schafft und nicht nur dem eigenen Ruf schadet, sondern und künftige Geschäfte unwahrscheinlich gestaltet.
Wie gehe ich mit solchen Informationen um?
Es ergeben sich neue Möglichkeiten, wenn widersprüchliche Angaben zu Haftung, Schaden und Kosten während einer Mediation kommuniziert werden. Erstens werden die Parteien mit diesen Informationen nun in der Lage sein, die Handlungen und Gründe hinter bestimmten Positionen zu verstehen. Das nimmt den Parteien das Misstrauen und kreiert erneut ein vernünftiges Bild über das Gegenüber. Ein Nebenprodukt dieses Verständnisses ist der Aufbau einer Beziehung zur anderen Partei, die für die Problemlösung absolut unumgänglich ist.
Eine zweite Möglichkeit, die sich während des Mediationsverfahrens eines Informationsaustauschs ergibt, besteht darin, dass eine Partei ihre Einschätzung von Haftung, Schadensersatz und Kosten in Frage stellt. Neue Informationen, die von Ihren Gegenparteien weitergegeben werden, könnten zu anderen Haftungsproblemen, Neuberechnungen von Schäden oder zusätzlichen Gebühren führen, die bisher nicht berücksichtigt wurden.
Ebenso kann der freie Informationsaustausch dazu führen, dass Sie die Einschätzung der anderen Partei zu Haftung, Schäden und Kosten in Frage stellen. Dabei haben Sie möglicherweise einen blinden Fleck in der Analyse des Mediationspartners aufzudecken. Wird dies während des Mediationsverfahrens angesprochen können, folgt häufig unvorhergesehene Wende.
Wenn beide Parteien während des Mediationsprozesses frei und vertraulich Informationen austauschen können, werden nicht nur Beziehungen und Vertrauen aufgebaut, sondern es entsteht auf natürliche Weise eine Umgebung der Zusammenarbeit. In dieser kollaborativen Umgebung können Parteien zielgerichtet und effizient ein Problem zu lösen. Dies steht in klarem Gegensatz zu der Ausgangssituation. Das ist die Essenz sinnvoller Mediation.