Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg: Hintergründe zum Modell

Von Paul Schindler  - 6. September 2022

Marshall B. Rosenberg war wohl der bekannteste international tätige Mediator unserer Zeit. Er ist im Jahre 2015 in New Mexico verstorben, doch seine Lehren leben weiter und haben die Welt der Konfliktbearbeitung zweifellos geprägt. Am bekanntesten ist Rosenberg für seine “gewaltfreie Kommunikation”. Um dieses Konzept zu verstehen, ist es einleitend wohl wichtig festzuhalten, dass er nach einer bestimmten Überzeugung lebte. Rosenberg war der Ansicht, dass Mitgefühl der natürlicher Zustand des Menschen ist und der Mensch bestrebt ist in diesen Kernzustand zurück zu finden, fall er diesen verlässt. Demzufolge beschäftigte er sich Zeit seines Lebens mit folgenden zwei Fragen:

  1. Was bringt uns aus diesem mitfühlenden Zustand ab, sodass wir uns in Gewalt oder Ausbeutung verlieren?
  2. Was schaffen es einige von uns auch unter den schrecklichsten Umständen mitfühlend und somit auch emotional handlungsfähig zu bleiben?

Während Rosenberg Faktoren untersuchte, welche unsere Fähigkeit beeinflussen mitfühlend zu bleiben, bemerkte er, dass unser Sprachgebrauch eine Schlüsselrolle spielen kann. Hierbei ist besonders bemerkenswert, dass selbst wenn wir die Arte wie gesprochen wird perse nicht als „gewalttätig“ empfinden, tortzdem einzelne Worte und Floskeln häufig zu emotionalen Verletzungen führen. Dies trifft nicht bloß auf den Empfänger zu, sonder auch auf den Sender. Laut Rosenberg liegt das wohl daran, dass die allermeisten Menschen im Laufe ihres Lebens darauf konditioniert wurden, in Urteilen, Bewertungen oder auch Etiketten zu kommunizieren. Dies hält uns konsequent von Mitgefühl ab, da diese Denkmuster Filter darstellen, welche die Perspektive des Gegenübers ausblenden.

Die Gewaltfreie Kommunikation, kurz GFK, stellt nun eine Kommunikationstechnik dar, welche genau solche Filter ausschalten soll und andere Perspektive nachfüllbar gestaltet. Dies soll Menschen auf eine Weise verbinden, die das oben angesprochene, natürliches Mitgefühl erweckt. Somit kann Konfliktprävention, als auch Konfliktlösung gelingen.

Nun, wie macht die GFK das genau? Zuerst ändern wir die Art und Weise, wie wir anderen zuhören und anschließend ändern wir ebenfalls die Kommunikation, als Reaktion auf das Gehörte. Statt gewohnter und automatisierter Reaktionen werden Worte bewusst gestaltet. Diese Antworten basieren stets auf dem, was im Moment wahrgenommen, gefühlt und gewollt wird.

Es geht somit um Ehrlichkeit und Klarheit in der verbalen Kommunikation, unter gleichzeitiger Berücksichtigung von respektvoller und einfühlsamer Aufmerksamkeit. In jedem einzelnen Austausch ist es Priorität die eigenen Bedürfnisse ausdrücklich zu kommunizieren und die der anderen Person zu hören. Die GFK lehrt somit genauestens zu beobachten, Verhaltensweisen zu benennen und dabei nicht zu bewerten oder zu interpretieren. Ist das Konzept ein Mal verstanden und angewendet, geht es leicht von der Hand, ist deshalb jedoch nicht weniger kraftvoll und transformativ.

Rosenberg nutzt häufig folgende Geschichte, um das zentrale Thema der Fokussierung zu erläutern:

Ein Mann sucht auf allen Vieren unter einer Straßenlaterne nach etwas. Ein Polizist kommt vorbei und fragt ihn, was er da mache. „Ich suche nach meinen Schlüsseln“, erklärte der leicht betrunken wirkende Mann. „Haben Sie denn die Schlüssel hier verloren?“, fragte der Polizist. „Ehm, nein?!“, antwortete der Mann, „ich habe sie dort drüben in der Gasse verloren…“ Als der Mann am Boden den verwirrten Blick des Polizisten sah, fügte er hinzu: „Aber hier ist das Licht viel besser.“

Wie in der Geschichte, ist es häufig so, dass kulturelle Konditionierungen dazu führt, dass unsere Aufmerksamkeit auf Orte gerichtet ist, an denen wir wahrscheinlich nicht das finden, was wir suchen. GFK wurden genau hierzu entwickelt, um die Aufmerksamkeit auf Orte zu Lenken, die das Potenzial haben, zu geben, was wir suche.

Die Person Marshall B. Rosenberg und was dahinter steckte

Paul Schindler

Bei meinen Seminaren in ganz Österreich, Deutschland und der Schweiz zeige ich angehenden MediatorInnen und Führungskräften, wie sie herausfordernde Konflikte erst lösen und anschließend auch nutzen können. Ziel ist es eine autonome Handlungsfähigkeit in emotional aufgeladenen Situationen durch bewehrte Techniken zu erlernen. Außerdem lege ich ein großes Augenmerk auf ein umfangreiches Verständnis eines Konflikts, um den Prozess nachhaltig leiten und verändern zu können.

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