In den letzten Jahren hat sich die „Alternative Streitbeilegung“, kurz ADR, als Lösung bei Vertragsverhandlungen und Rechtsstreitigkeiten immer mehr durchgesetzt. Die meisten Streitigkeiten beinhalten irgendwann ein gewisses Maß an alternativer Streitbeilegung, sei es vertraglich oder rechtlich. Trotz des „alternativen“ Characters sind ADRs weniger eine Alternative als vielmehr ein wichtiger Teil des „Schlachtfelds“ bei Rechtsstreitigkeiten. Das liegt vor allem daran, dass Aktionen in ADRs und deren Ergebnisse den Verlauf eines Rechtsstreits erheblich beeinflussen können.
Dabei verstehen selbst erfahrene Geschäftsleute den ADR-Prozess und seine Beziehung zu Rechtsstreitigkeiten oft nicht vollständig. In diesem Artikel wollen wir ADR näher beleuchten, indem wir uns die beiden gebräuchlichsten Formen von ADR ansehen, das Schiedsverfahren und die Mediation.
Das Schiedsverfahren
Das Schiedsverfahren ist ein formellerer Prozess, welches normalerweise in einer verbindlichen Entscheidung endet. Der Schiedsrichter ist befugt, eidesstattliche Aussagen anzuhören, Beweise zu prüfen, Anordnungen und Schiedssprüche in laufenden Verfahren zu erlassen und eine endgültige Entscheidung über Tatsachen und Recht zu treffen, die allgemein als Schiedsspruch bezeichnet wird. Dieser Schiedsspruch ist für die Parteien bindend und kann von einem Gericht, in Form eines Urteils, bestätigt werden.
Die Schiedsgerichtsbarkeit ist in den meisten Fällen als Verfahren in Vertragsbedingungen enthalten, und viele Standardverträge, die bei Verbraucher- und Handelsgeschäften verwendet werden, enthalten obligatorische Schiedsklauseln. In letzter Zeit ist allerdings global zu beobachten, dass es einen branchenübergreifenden Trend zur Abschaffung von Schiedsklauseln gibt. Mehrere US-Staaten, darunter Washington und Oregon, haben auch Gesetze, die ein obligatorisches Schiedsverfahren für Streitigkeiten unter einer bestimmten Streithöhe vorschreiben. In den USA hat jede Partei das Recht, im Falle einer gerichtlichen Zulassung eines Schiedsverfahrens, den Fall einem obligatorischen Schiedsverfahren zu unterziehen.
Nach Abschluss eines gerichtlich angeordneten Schiedsverfahrens hat jede Partei das Recht, gegen das Ergebnis Berufung einzulegen, um es als reguläres Gerichtsverfahren zu prüfen. Wenn jedoch für den die antragstellende Person kein besseres Ergebnis in der Berufung erzielt wird, muss diese die Kosten der Klage der anderen Partei tragen.
Im Gegensatz zu einem vom Gericht genehmigten Schiedsverfahren ist es schwieriger, einen vertraglich genehmigten Schiedsspruch anzufechten. Dies ist natürlich nur der Fall, sofern kein Verstoß oder ein Fehlverhalten im Schiedsverfahren selbst vor.
Die meisten Schiedsverfahren folgen Regeln, die von der „American Arbitration Association“ entwickelt oder inspiriert wurden. Diese Regeln wurden in mehreren Sätzen für die Schlichtung von Streitigkeiten in verschiedensten Fachgebieten (z. B. Handels-, Verbraucher-, Bau-, Arbeitsrecht…) festgehalten und veröffentlicht. In der Regel zahlt jede Partei zu Beginn des Verfahrens eine Schiedsgebühr. Die Parteien können einvernehmlich vereinbaren, dass der Fall von einem ernannten Schiedsrichter verhandelt wird. Dies ist insbesondere häufig der Fall, wenn die Streitigkeit spezifische oder komplexe Angelegenheiten betrifft, welche einen Schiedsrichter mit einschlägiger Erfahrung erfordern. Andernfalls wird den Parteien normalerweise eine Liste mit 5 bis 10 potenziellen Schiedsrichtern zur Verfügung gestellt. Anschließend gibt es die Möglichkeit für die Parteien Schiedsrichter von der Liste zu streichen, welche ihnen nicht als gute Wahl erscheinen.
Ein Schiedsrichter wird dann zufällig aus den verbleibenden Namen auf der Liste ausgewählt. Schiedsrichter haben im Allgemeinen einen weiten Ermessensspielraum bei der Steuerung des Verfahrens. Dabei ist stehts das erklärten Ziel, eine „faire, effiziente und wirtschaftliche Lösung“ der Streitigkeit zu erreichen. Zu den Aufgaben eines Schiedsrichters gehört es Regeln für Offenlegungen festzulegen, Anhörungen durchzuführen und Beweismitteln, anhand von typischen Beweisregeln eines Gerichtsverfahrens, zu prüfen. Ein Schiedsverfahren folgt jedoch im Allgemeinen einem ähnlichen Prozess wie ein Rechtsstreit. Dies beinhaltet das Einreichen von Beschwerden, Antworten und Widerklagen, den Austausch von Informationen, Anträgen auf Ablehnung und einer oder mehrerer Anhörungen von Zeugen vor dem Schiedsrichter.
Die Mediation
Im Gegensatz zum Schiedsverfahren handelt es sich bei der Mediation eher um ein informelleres Verfahren, welches ehr durch die Streitparteien selbst geprägt ist. Jedoch hat auch eine Mediation im Rahmen eines aktiven Gerichtsverfahrens zunehmend einen formelleren Character entwickelt. Dies ist insbesondere der Fall, da das Mediationsverfahren eine Schlüsselrolle im Prozess spielen kann. Die Mediation bietet den Parteien den wesentlichen Vorteil, dass sie die maximale Kontrolle über den Prozess und seine Struktur behalten. Dies ist selbst der Fall, wenn das Verfahren durch einen Gerichtsbeschluss oder eine Vertragsbedingung vorgeschrieben ist. Weiters ist ein Mediationsverfahren in den meisten Fällen schneller und günstiger als ein Gerichtsverfahren. Darüber hinaus erregt eine Mediation weniger mediale Aufmerksamkeit, da sie hinter Verschlossenen Türen stattfinden kann und der Mediator zur Verschwiegenheit verpflichtet ist.
Bei der Mediation einigen sich die Parteien darauf, einen neutralen Mediator auszuwählen. Die Kosten der Mediation werden in der Regel zwischen den Parteien geteilt. Bei Streitigkeiten, die komplexe oder spezialisierte Rechts- oder Wirtschaftsbereiche betreffen, können die Parteien einen Mediator mit spezifischer Erfahrung und Expertise in diesem Bereich wählen, der eine fundierte Perspektive auf den Streit und die damit verbundenen Probleme einbringen kann. In Familien- oder Nachbarschaftsmediation beispielsweise sind wiederum andere Qualitäten gefragt. Was dem Mediator offengelegt wird, darf nicht offengelegt oder vor Gericht verwendet werden. Allerdings darf ein sorgfältig ausgewählter Mediator bei Bedarf bestimmte Probleme prüfen und eine realistische und fundierte Ansicht darüber abgeben, wie ein Gericht oder ein anderes relevantes Forum eine Sache sehen und behandeln würde. Ein weiter Vorteil ist es in einem anschließenden Gerichtsverfahren, dass die Mitwirkung eines angesehenen Mediators von Gerichten häufig positiv bewertet wird und Geld, Zeit und Mühen im Gerichtsverfahren spart.
Das Ziel einer Mediation ist in der Regel eine einvernehmliche Einigung. Selbst wenn keine vollständige Einigung erzielt wird, bietet die Mediation den Parteien oft eine frühe, manchmal auch erste, Gelegenheit die unterschiedlichen Positionen darzulegen. Mediation ermöglicht es auch, dass bestimmte emotionale Herausforderungen gelöst werden, während dies nicht Teil eines Gerichtsverfahrens sein kann. Außerdem wird es den Parteien ermöglicht den potenziellen Wert ihres Streits zu verstehen, um überhaupt festzustellen zu können, ob der Fall weitere Rechtsstreitigkeiten und Kosten wert ist. Selbst wenn es keine sofortige Einigung gibt, kann die Mediation der erste Schritt sein, um produktive Vergleichsverhandlungen zu beginnen. Ein professioneller Mediator hilft oft bei Folgetreffen, Telefonaten oder anderen Kommunikationen zwischen den Parteien, was zu einem späteren Zeitpunkt für eine Durchbruchsverhandlungen nützlich sein kann.
Variationen von Mediation und Schiedsverfahren werden manchmal als Mediation-Arbitration oder kurz „med-arb“ bezeichnet. In diesem Fall vereinbaren die Parteien eine Mediation. Wenn der Streit in der Mediation nicht beigelegt wird, kann der Mediator als Schiedsrichter für den Streit fungieren. Die Kombination dieser Rollen ermöglicht es den Parteien, die Vorteile jeder Art von Verfahren beizubehalten: Kontrolle über den Prozess mit der Gewissheit und Endgültigkeit eines Schiedsverfahrens.